Endlich einmal schaffe ich es zum ensemble unitedberlin ins Konzerthaus. Es warten 4 Komponist(inn)en und 5 Stücke. Hoch unter dem Dach, im Werner-Otto-Saal, gruppiert sich ein Abend um Werke von Sofia Gubaidulina. Neben der Grande Dame der zeitgenössischen russischen Musik kommen auch Ligeti sowie Olga Bochikhina und der jung verstorbene Dorochow zu Wort.

Olga Bochikhina erzielt mit Unter der Kuppel zauberhafte Effekte: Sich überlagernde Pulsationen und rätselhafte Klangoszillationen geistern durch das kurze, neugierig unruhige Stück. Nur den mittleren Teil prägen lebhaftere Passagen.

Ein längeres Werk ist das Konzert für Fagott und tiefe Streicher von Sofia Gubaidulina (UA 1976). Fünfsätzigkeit, Nebeneinander von Solo- und Tutti-Passagen und eine ausladende Kadenz erleichtern den Zugang. Der erste Satz pendelt zwischen spielerischer Lockerheit und nach Innen gerichteter Aphoristik des Soloinstruments. Unerwartet düster beginnt der zweite Satz, aus dem sich erst allmählich das Fagott mit hohen Haltetönen herausschält. Stefan Siebert bläst den Solopart mit genauer Klangfantasie. Die Kadenz (4. Satz) tendiert zu Lakonik, kaum zu virtuosem Spiel. Der letzte Satz hat Finalwitz und -tempo.

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Das bestens präparierte ensemble unitedberlin tritt altersmäßig auffällig gemischt an. Es spielen klangbewusste, klangsensible Musiker, die bei aller kammermusikalischen Inspiriertheit durch solistische Ausflüge alle ihr Scherflein zum Gelingen des Abends beitragen. Nicht zu vergessen der musikalische Leiter Sergej Neller, der mit energischen Einsätzen für Profil sorgt.

Nach der Pause exzelliert Melodien von György Ligeti in klangfarblicher Raffinesse und verführerisch geschmeidiger, doch auch gelockerter Satzdichte. Exposition VII des 2013 28-jährig verstorbenen Georgi Dorochow ist ein Stück, bei dem die fünf Musiker im Moment des gemeinsamen Beginnens einfrieren, sich wie selbstvergessen ihren Instrumenten widmen, nach Minuten des genauestens in der Partitur vorgeschriebenen Nichtstuns effektvoll das Notenblatt wenden, um dann, gegen Ende des Werks, einen einzigen Ton zu produzieren und ihre Instrumente einpacken lange bevor das Stück zu Ende ist. Das Stück erzielte einen auffälligen Erfolg.

Den kurzweiligen Abend beschließt das sich entspannt souverän gebende Concordanza von Gubaidulina (UA 1971). Locker die Textur, entrückt das Klangkolorit – als weise das Stück in eine große Ferne. Solistische Alleingänge der Musiker pendeln zwischen Introvertiertheit und Eruption. Wunderbar das kurze „Duett“ aus Horn und Fagott. Wie das Fagottkonzert und Ligets Melodien entstand Concordanza in den frühen bis mittleren 1970er Jahren. Wie war man damals wunderbar locker.

Gubaidulina und keine Ende! Erfreuliche fünf Mal präsentiert das Konzerthaus noch Musik der alterslos produktiven Russin. Der nächste Termin? Am 5. 1. 2020 mit dem Kammerensemble des Konzerthausorchesters.