Der Lohengrin an der Deutschen Oper ist gut. Runnicles hat die Dinge erfahrungssatt im Griff, auch im ersten Vorspiel, wo sich die Geigen haufenweise vergreifen. Donald Runnicles leitet mit tadelloser Gediegenheit. Klangwuchtig wenn nötig, und hinreichend dramatisch. Aber Runnicles gönnt sich (und uns) auch unreflektiert schöne Holzbläser-Romantik. Das hat E-Dur-Hand und f-Moll-Fuß. Selbstverständlich sicher ist der Zugriff des Dirigenten in den Steigerungswellen Chorszenen.

Gestalt und Blondmähne machen aus Klaus Florian Vogt immer noch das Idealbild des vom Gral entsandten Ritters. Vogt singt dazu immer noch im Klanggewand eines Achtzehnjährigen: hell, silbern, nobel. Der „Vogt-Ton“ hat ja inzwischen verschiedene Spielarten. Im ersten Aufzug kippt Vogt ins Salbungsvolle. Aber in den kraftvoll deklamierenden Stellen von Aufzug II und III klingt der Tenor formidabel, kühn. Fast könnte man sagen, Vogts Ideal wäre die Reinheit des Sprechtheaters. Man spürt: Da ist er der Sänger der unbedingten Treue gegenüber Wagners Text. Daher ist Vogts Interpretation relativ immun gegen Interpretationstendenzen des Regisseurs (hier von Kasper Holten). Auf jeden Fall darf dieser Lohengrin wunderschön lyrisch durch seine Arien segeln. Camilla Nylund verkörpert eine Elsa ohne allzu viel individualisierendes Singen. Grau bleibt die Traumschilderung Einsam in trüben Tagen. Nicht viel besser das bräutliche Euch Lüften. Da blüht wenig. Ist kein Legato. Die großbogigen Aufschwünge liegen ihr. Aber sie ist keine expressive Sängerin. Sie steht lieber an der Außenlinie als sich in die Zweikämpfe zu werfen. Auch Nylunds Aussprache bleibt defensiv, sie ist nicht gerade mundfaul, aber eben auch nicht ausdrucksvoll.
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